Warum diese Kombination ein Schlüssel zur ganzheitlichen Bildung ist
In einer Welt, die sich rasant verändert, stehen wir vor der Herausforderung, uns ständig weiterzuentwickeln und neue Fähigkeiten zu erlernen. Kein Problem: Videotutorials, How-Tos, Blogartikel – in einer nie endenden Flut an Online-Ressourcen, oft kostenfrei, scheint es für jede Frage eine entsprechende Antwort zu geben. Jeder und jede kann alles zu jeder Zeit lernen. Wissen ist so verfügbar wie noch nie, Erkenntnis nur einen Mausklick entfernt.
Aber wo fange ich an? Wie wähle ich die richtigen Ressourcen aus? Wie kann ich mein Wissen überhaupt anwenden, und woher soll ich die ganze Zeit dafür nehmen? Die allgegenwärtige und umfassende Verfügbarkeit von Informationen führt oft dazu, dass wir erst gar nicht beginnen, diese zu verarbeiten.
Um diese Barrieren abzubauen und ins Lernen sowie Tun zu kommen, lohnt sich ein Blick darauf, was Menschen in der heutigen Zeit oft fehlt: Physische Orte, an denen wir uns wohlfühlen, in denen wir gemeinsam mit anderen lernen können, in denen wir nicht nur Wissen anhäufen, sondern auch anwenden. Die Kombination aus Bibliotheken und Makerspaces bietet genau diese Möglichkeiten. Im folgenden Beitrag wollen wir darauf eingehen, warum dieses auf den ersten Blick ungleiche Paar, einen zweiten Blick wert ist.
Diese Blogreihe ist Teil unseres Makerspace Netzwerks – einem Netzwerk aus Bibliotheken und Schulen, die Mini-Makerspaces in ihren Einrichtungen etablieren und von uns mit einem Starter-Paket versorgt und fortgebildet werden. Mehr dazu hier.
1. Wissen und Werkzeuge: Bibliotheken und Makerspaces als perfekte Partner
Endlose Reihen an Buchrücken, Menschen versunken in Sesseln und Seiten. Bibliotheken sind seit jeher Orte des Wissens. Sie sammeln, organisieren und stellen Informationen bereit, die für die Allgemeinheit niedrigschwellig zugänglich sind. Makerspaces hingegen bieten einen einfachen und offenen Zugang zu Werkzeugen und Ressourcen. Hier zwei junge Frauen am 3D-Drucker, dort ein älterer Herr an der Nähmaschine. In Makerspaces wird Wissen praktisch angewendet – oder eben durch praktische Anwendung erlangt. „Lernen durch Machen“ ist dabei das Motto. Beide Einrichtungen, Bibliotheken und Makerspaces, sind Orte der unabhängigen und frei zugänglichen Bildung. Die Verbindung von theoretischer Wissensaneignung und praktischer Umsetzung ermöglicht ganzheitliches Lernen für die breite Bevölkerung. Beide Orte richten sich außerdem nicht an spezielle Nuter:innen-Gruppen, sondern sind offen für alle Menschen.
2. Erhalt gewachsener und Aufbau neuer Strukturen
Die Zahl der öffentlichen Bibliotheken sinkt seit Jahren. Orte der Gemeinschaft und Bildung, auch in kleinen Städten und Dörfern, werden wir aber immer brauchen. Menschen wollen lernen, und Menschen wollen sich begegnen. Auch wenn im Alltag und angesichts des Weltgeschehens manchmal ein anderer Eindruck entstehen mag, handelt es sich um ganz menschliche Grundbedürfnisse: Lernen und sozialer Austausch – und das am besten in Kombination. Durch die Einrichtung von Makerspaces können sich Bibliotheken neue Nutzer:innengruppen erschließen. Sie können sich neu als Innovations- und Gemeinschaftsorte positionieren und somit die Wichtigkeit ihrer Existenz festigen. Makerspaces bieten viele Antworten auf drängende Zukunftsprobleme, nicht nur im Bildungsbereich. Sei es die Förderung eines Nachhaltigkeitsbewusstseins durch die Reparatur von Gebrauchsgegenständen, lokale Produktion und Innovation oder die Stärkung digitaler Kompetenzen.
Die Einrichtung eines Makerspaces erfordert jedoch gewisse Ressourcen, angefangen bei den Räumlichkeiten, und hier können Bibliotheken mit ihrer gewachsenen Struktur und Makerspaces mit ihrem Innovationspotenzial eine lohnende Symbiose eingehen. Gerade in ländlichen Regionen, wo vor allem personelle Ressourcen knapp sind, können beide Einrichtungen voneinander profitieren. Denn ein Makerspace muss weder besonders groß noch besonders zeitintensiv sein. Oft reicht es, wenn man den Menschen vor Ort eine Möglichkeit gibt, der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen. In unserem Makerspace Netzwerk kann die Einrichtung eines Makerspaces in einer Bibliothek quasi nebenbei geschehen.
3. Wissen und Werkzeuge für alle: Ein Beitrag zur Chancengleichheit
Sowohl Bibliotheken als auch Makerspaces verfolgen das Ziel, Wissen und Werkzeuge frei zugänglich zu machen. Dies ist besonders wichtig in einer demokratischen Gesellschaft, in der Bildung und Chancengleichheit für alle Menschen gewährleistet sein sollten. Außerdem wird der Austausch gefördert, und neue Gemeinschaften entstehen. Über das gemeinsame praktische Tun lernt man schnell Menschen kennen. Nachzufragen, was die andere Person gerade am 3D-Drucker druckt, fällt leicht. Man kann etwas zusammen in die Hand nehmen, betrachten, sich gegenseitig unterstützen und kennenlernen. Das Ganze funktioniert auch über verschiedene Gesellschaftsschichten und Generationen hinweg. Die eigene Kreation steht im Fokus, und Berührungsängste sowie Vorbehalte rücken in den Hintergrund. So kommen Menschen zusammen, die sich sonst nicht kennengelernt hätten.
4. Impulsgeber für wichtige Zukunftskompetenzen: Kreativität, Problemlösefähigkeiten und das Interesse am selbstgesteuerten Lernen
Wir können uns nicht darauf verlassen, dass unser Bildungssystem mit der technologischen Entwicklung immer Schritt halten kann. Selbstgesteuertes Lernen ist mehr denn je zu einer essenziellen Fähigkeit geworden. In Bibliotheken und Makerspaces wird diese Fähigkeit seit jeher geschult – und das ganz nebenbei. Einen Artikel oder ein Buch über ein Thema zu lesen, das mich persönlich interessiert, fühlt sich gar nicht wie Lernen an. Die Fertigkeiten, die ich brauche, um z. B. eigene Schachfiguren für mein Hobby in einem Makerspace zu drucken, eigne ich mir gerne an. Selbstgesteuertes Lernen wird zur Selbstverständlichkeit. Die technologische Entwicklung verändert aber nicht nur die Art und Weise, wie wir lernen und leben, sie verändert auch die Anforderungen in unserem Berufsalltag. Eine zunehmende Automatisierung erlöst uns von eintönigen Arbeiten, führt aber auch dazu, dass Arbeitsplätze in diesen Bereichen wegfallen. Eigentliche menschliche Stärken, wie beispielsweise die Fähigkeit zur kreativen Problemlösung, werden wieder gefragter. Und wo, wenn nicht in einem Makerspace mit unterschiedlichsten Werkzeugen, dem Raum für freie Gestaltung und dem Austausch mit anderen Menschen, können wir unsere Kreativität entfalten und innovativ Probleme lösen?
Fazit: Makerspaces und Bibliotheken – eine Kombination jetzt, eine Kombination für die Zukunft
Die Verbindung von Bibliotheken und Makerspaces schafft nicht nur Orte des Wissens und der Kreativität, sondern fördert auch das selbstgesteuerte Lernen und den Austausch zwischen verschiedenen Gemeinschaften. Diese Einrichtungen sind nicht nur ein Schlüssel zur individuellen Weiterentwicklung, sondern auch zur Entwicklung unserer Gesellschaft als Ganzes. In einer Welt, die ständig im Wandel ist, bieten sie uns die Werkzeuge, die wir brauchen, um fit für die Zukunft zu sein.
Im nächsten Artikel widmen wir uns der Frage, ob beide Einrichtungen überhaupt miteinander harmonieren können. Die Ruhe in einer Bibliothek und das rege Treiben in einer Werkstatt – kann das gut gehen? Ein Makerspace umfasst unzählige Maschinen und erfordert tiefgreifendes technisches Know-how. Wo fange ich da an?